Allgemeine Infos
Ein Drittel unserer Trekking Strecke hatten wir nun fast geschafft. Gleich zu Beginn des heutigen Tages stand uns aber erst mal ein steiler und anstrengender Anstieg bevor. Außerdem schlug das Wetter um und es wurde noch kälter als bisher. Unser Etappenziel des Tages war das sagenumwobene Dorf "Dakmar".
Vorab wieder ein paar interessante Infos zu Land und Leuten.
Holz ist hier oben im Mustang Gebiet etwas sehr kostbares. Aufgrund der Höhenlage wachsen hier nicht sehr viele Bäume, daher wird mit dem Holz sehr sparsam umgegangen. Zum Feuer machen werden oft getrocknete Pferdeäpfel oder Kuhdung verwendet.
Auch die Bestattung von Menschen findet in diesem Gebiet anders statt, als eigentlich in Nepal üblich ist. Die Erde ist oft gefroren, daher kann der Leichnam nicht vergraben werden. Eine Feuerbestattung findet aufgrund des Holzmangels nicht statt. Statt dessen geht man folgendermaßen vor:
Der Leichnam wird in Tüchern gewickelt und auf einen Stuhl gesetzt. Die Lamas halten anschließend mehrere Tage eine Zeremonie ab. In dieser Zeit kann die Seele des Verstorbenen entweichen. Der Körper wird nun auf einen Berggipfel (Heiliger Berg) getragen. Was anschließend stattfindet, hört sich für uns sehr befremdlich an, gehört aber zu einer Jahrhunderte alten Tradition. Der Körper wird nun zerteilt, die Knochen zerstampft und den Geiern "übergeben". Alle Teile sollten gefressen werden, denn nur so kann die Seele vollständig entweichen und man hat die beste Chance für eine Wiedergeburt, so der Glaube.
Leise rieselt der Schnee
Ich schaute aus dem Fenster der Lodge - feiner Schnee puderte die Landschaft. Die Sicht war leider schlecht, alles war grau und nebelverhangen. Nur vom raus schauen wurde mir schon kalt. Ich beschloss daher meine Schneehose anzuziehen - war ja gut ausgestattet. Es gibt nämlich nichts unangenehmeres, als am Unterleib stundenlang zu frieren finde ich.
So ging es dann warm eingepackt nach dem Frühstück (übrigens wieder mit Tsampa-Porridge) los.
Ich komme auf Betriebstemperatur
Es war ziemlich kalt draußen. Zum Glück ging es nach einem kurzen Stück durchs Dorf sehr steil bergauf. Mein Puls kam in Fahrt und mein Körper langsam auf Betriebstemperatur.
Bei dem steilen Anstieg teilte sich die Gruppe. Einige hatten konditionelle Probleme oder wollten das Stück einfach in Ruhe angehen und sich nicht gleich am Anfang verausgaben. Das war das schöne an unserer Gruppe, jeder konnte so laufen, wie es ihm am liebsten war. Irgendwann trafen wir uns dann schon wieder.
Die schlechte Sicht fand ich anfangs noch sehr schade und ärgerte mich ein wenig. Mit der Zeit empfand ich den Wetterumschwung als schöne Abwechslung. Die Stimmung der Landschaft veränderte sich total. Kleine Schneeflöckchen rieselten bis zum Mittag vom Himmel. Ich lief einige Zeit alleine oder mit Micha neben mir und spürte eine innerliche Ruhe und Zufriedenheit in mir.
Die ersten 4.000 Meter - der Nyi La Pass
Wir hatten das steilste Stück geschafft und ich stand mit Micha und Werner auf dem 4.070 Meter hohen "Nyi La" Pass. Das musste erst mal gefeiert werden, immerhin stand Micha noch nie auf über 4.000 Metern Höhe. Wir freuten uns, das alles so problemlos lief, schossen noch ein paar Fotos und machten uns an den Abstieg.
Der Abstieg bis nach "Gheli" war laaaaaaaaaang. Ich lief voraus und freute mich total, das meine Knie so gut mitmachten. Immerhin hatte ich zwei Jahre zuvor eine Knie OP und eine Woche nach der Nepalreise sollte die nächste Knie OP am anderen Bein stattfinden.
Nudelsuppe in Gheli
Mit einigem Vorsprung kam ich in Gheli an. Ein Porter wartete vor der Lodge, in der wir unser Mittagessen einnahmen. Ich bestellte schon mal Nudelsuppe und Tee für die anderen vor. Bis alles frisch zubereitet wurde, verging immer ein bisschen Zeit. Die anderen würden sich bestimmt freuen, gleich eine heiße Nudelsuppe genießen zu können, wenn sie in der Lodge eintrafen. Ich saß so lange mit unseren Portern in der Küche.
Die Lodge war sehr schön und total bunt eingerichtet. Wirklich warm war es aber auch nicht. Selbst in der Küche fror ich. Die Porter schienen das zu merken und meinten, ich solle zu ihnen auf die Bank sitzen. Aneinander gequetscht wurde es dann wirklich wärmer.
Geduld der Männer
Die Überraschung war geglückt - die anderen kamen und freuten sich total, die warme Nudelsuppe sofort löffeln zu können.
Ich lief ein bisschen in der recht großen Lodge umher. In einem Nebenraum saßen drei Männer auf dem Boden. Sie formten Skulpturen, die später in das Heiligtum (eine Art Gebetsraum) gebracht wurden. Die Skulpturen bestanden aus Butter, die eingefärbt war. Mich erinnerte es ein bisschen an Knetmasse. Die Skulpturen waren sehr, sehr schön. Ich bewunderte die Geduld der Männer.
Auf und Ab
Nach der Mittagspause ging es weiter durchs Dorf, welches mit gelben Herbstblättern gefärbt war. Wir überquerten einen Fluss und wieder ging es steil nach oben. Jeder lief in seinem Tempo.
Wir wussten, dies ist für heute der letzte Anstieg. Danach geht es nur noch bergab bis nach Dakmar, sagte Hari. Nach einer Weile erkannten wir das Dorf.
Ankunft in Dakmar
Umgeben von roten Felsen liegt Dakmar in einer Senke. In den Felsen befinden sich Höhlen, in denen tatsächlich Menschen wohnen. Der Ort wirkte auf mich fast schon irgendwie magisch. Tatsächlich gibt es auch eine Sage. Diese besagt, dass einst ein Dämon getötet wurde und dessen Blut über die Felsen gegossen wurde, das diese rot färbte.
Kurz vor dem Dorf traf ich auf unsere Porter, die gerade ein Päuschen einlegten. Sie winkten mir schon von weitem zu und warteten auf mich. Das letzte Stück bis zur Tenzin Lodge liefe ich dann gemeinsam mit ihnen.
Babysitten
Bisher gab es in den Lodges immer einen separaten Gastraum für uns. In dieser war das nicht so. Wir, die Porter und die Lodge Besitzer saßen zusammen in einem kleinen Raum. Das empfand ich gleich als viel netter, da man so automatisch viel mehr über das Leben hier erfuhr. Ein Grund, warum ich bisher immer noch eine Weile in die Küchen ging - der zweite Grund war die Wärme ;-)
Das Pärchen welchem die Lodge gehörte, war noch sehr jung. Sie hatten ein total süßes Baby, das wir abwechselnd auf den Arm nahmen. So konnten die beiden in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen und waren glaube ich ganz froh, dass wir uns ein wenig kümmerten.
Auf Erkundungstour
Danach ging ich mit Micha und Walter nochmal nach draußen. Wir wollten uns die beeindruckenden Felsen genauer anschauen. Nach genauem hinsehen, stellten wir fest, dass die Felsen überhaupt nicht aus einem ganzen Stück Stein bestanden. Es sah nach gepressten Kieselsteinen aus, die mit einer Art Lehm zusammenhielten.
Wir sahen uns weiter um und entdeckten eine Pferdeweide. Ich fand den ersten Schuh und ein Pferdegebiss im Gras. Das wunderte mich noch wenig. Nach weiterem herum laufen auf der Weide, fanden wir zig Schuhe, Gebisse und Knochen. Das scheint hier wohl der natürliche Pferdefriedhof zu sein.
Polaroids
Im Dorf trafen wir noch auf ein paar Kinder. Wir knipsten noch ein paar Polaroid-Fotos und schenkten ihnen diese. Das kommt immer sehr gut an und ist eine einfache Möglichkeit Kontakt herzustellen.
Wir liefen wieder zurück zur Lodge und freuten uns schon auf das Abendessen.
Küchenhilfe
Ich half ein bisschen mit schnippeln in der Küche, da die zwei mit ihrem Baby ein bisschen überfordert waren. Zusammen mit der Frau kochte ich dann, während der Mann das Baby bespaßte. Es machte mir sehr viel Freude mit anzupacken.
Der Mann bot mir immer wieder eine Chips-Packung an. Nach langem zögern, probierte ich dann doch etwas daraus. Naja, war nicht so mein Ding und die Teile waren recht scharf. Umso mehr erstaunte es mich, dass er auch dem Baby diese Teile zu essen gab. Dem schien es aber zu schmecken.
Nach dem Abendessen zeigten wir noch Fotos auf unseren Handys den Portern. Sie waren total interessiert. Vor allem die Häuser in Deutschland beeindruckten sie. Unser Guide Hari erzählte von seinem Europa-Trip und wie verwirrt er war, zum ersten mal in seinem Leben einen Zug zu sehen. Zwei Stunden hatte er gebraucht um ein Ticket damals zu lösen und in den Zug zu steigen. Ich vermute keiner der Porter würde jemals ein anderes Land als Nepal sehen. Das machte mich irgendwie traurig aber auch gleichzeitig dankbar. Dankbar, dass ich ein Leben führen darf bei dem ich viele Länder und Kulturen kennenlernen kann. Das ich frei bin mit meinen Entscheidungen und viele Möglichkeiten habe zu wählen. Mit diesen Gedanken ging ich dann ins Bett.
Trekkingverlauf:
Von Geling nach Dakmar
Strecke: ca. 13,4 km
Aufstieg: ca. 800 m
Abstieg: ca. 610 m
max. Höhe: 4.070 m
min. Höhe: 3.518 m
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Conny (Dienstag, 21 Februar 2017 16:32)
Hallo Myriam,
schön zu lesen, wie es dir ergangen und gefallen hat bei deiner Trekking Tour in Nepal. Das machen wir dieses Jahr auch. Wir sind im Annapurna Gebiet unterwegs und werde mit Sicherheit auch etliche Fotos und schöne Erlebnisse mit nach Hause bringen. :)
Es ist wirklich ein beeindruckendes Land.
Viele Grüße
Conny
reiner braun (Samstag, 05 Oktober 2019 09:25)
ich will wirklich nicht besserwisserisch sein!! aber im buddhismus gibt es keine seele.
lg
sehr gut gemachte reportage!!!!