Meine bisher entspannteste Hochtour
Die Hochtour auf den Piz Buin ist ein Klassiker. Mit seinen 3.312 Metern Höhe, ist er der höchste Berg des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg.
Technisch und konditionell nicht schwierig, bietet die Tour trotzdem einige Highlights:
- der gewaltige Eisbruch am Ochsentaler Gletscher
- die Wegfindung durch das Spaltenlabyrinth
- das leckere Essen auf der Wiesbadener Hütte
- und vor allem der Genuss, denn Zeit kann man sich bei guten Verhältnissen bei dieser Tour lassen
Über den Fluss und nicht in den Fluss
Wir starteten, im Vergleich zu den anderen Hochtouren die ich bisher gemacht hatte, recht spät. Um ca. 6 Uhr ging es los. Der Vorteil an dieser Uhrzeit, wir konnten länger schlafen. Der Nachteil, wir verpassten den Sonnenaufgang, der in den Bergen oft sehr spektakulär ist. Naja, man kann halt nicht alles haben ;-)
Fit und ausgeschlafen ging es also los. Gleich zu Beginn wurde unsere Konzentration auf die Probe gestellt - zwei Flüsse mussten überquert werden. Der mit der Brück war kein Problem, vor dem anderen hatte ich dann doch etwas Respekt. Die Steine waren glitschig und wie immer traute ich mir und dem Profil meiner Schuhen nicht all zu viel zu. Wir wechselten uns mit den Stöcken ab und kamen alle trocken auf der anderen Seite an.
Gletscherrückgang
Echt krass und traurig, wie weit der Gletscher hier bereits zurück gegangen ist. Im Jahr 2015 waren es wohl sage und schreibe 26 Meter!!!
Wir kletterten am rechten Geröllrand nach oben. Einige Seilschaften seilten sich bereits an der Gletscherzunge an. Wir entschieden uns erst mal auf felsigem Weg weiter nach oben zu steigen.
Im zick zack um die Spalten
Der Gletscher war zu weiten Teilen aper und riesige Spalten zogen sich durch. Wir machten unsere zwei Seilschaften klar und wagten den Weg durch das Labyrinth.
Oft schafften wir es nur über echt schmale Firnbrücken, die gerade mal einen Fuß breit waren, über die Spalten. Es machte mir total Spaß, den Weg durch die Spaltenzone zu finden. Wir hatten einen Teilnehmer dabei, der zum ersten mal auf Steigeisen stand. Natürlich machte ich mir auch etwas Sorgen, ob alles gut gehen würde. Schnell merkte ich aber, dass er total sicher und souverän läuft.
Das Ziel ist in Sicht
Es waren echt viele Seilschaften an diesem Tag unterwegs. Ein Bergführer, mit dem ich mich später kurz unterhielt sagte mir, dass auf den Piz Buin täglich 150 Personen gehen - wow, das sind echt viel. Wer also Ruhe und Abgeschiedenheit sucht, ist hier definitiv falsch.
Da der Piz Buin ziemlich bekannt und relativ einfach zu besteigen ist, trifft man hier Menschen mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen. Zum einen gibt es die professionellen Bergführer, die mit ihren Klienten meist am kurzen Seil den Gipfel erklimmen. Dann gibt es aber auch das krasse Gegenteil - Bergsteiger, die vermutlich nie einen richtigen Hochtouren-Kurs gemacht haben, nicht gut ausgerüstet sind und das ganze auf die leichte Schulter nehmen. Wie oft habe ich an diesem Tag Seilschaften gesehen, die mit der kompletten Mannschaft auf einer Schneebrücke direkt über der Spalte Rast gemacht haben...
Schock an der Buinscharte
Wir gingen auf dem Ochsentaler Gletscher weiter, in einem großen rechts Bogen, Richtung Piz Buin.
An der Buinscharte angekommen, war für mich jegliches Hochtourenfeeling vorbei. Massen an anderen Bergsteigern machten dort Pause. Der Gletscher wirkte dreckig und überall lag richtig viel Müll rum - Bierdosen, Konserven, Papier, Essensreste...Dinge, die man in den Bergen nicht sehen will.
Leichte Kletterei
Wir ließen unsere Ruckssäcke am Fuße des Piz Buin liegen und stiegen den Geröllhang nach oben. Auf der Wiesbadener Hütte sah ich tags davor ein Foto, auf dem eingezeichnet war, wie hoch an dieser Stelle der Gletscher einmal reichte. Ich blieb an dieser Stelle stehen und konnte es fast nicht glauben - der Unterschied war enorm.
Auf mittlerer Höhe ungefähr muss noch ein kurzes Stück geklettert werden. Die Stelle hat die Schwierigkeit I-II und ist problemlos ohne Seil zu klettern. Wem das Seil jedoch lieber ist hat Glück, denn es sind einige Bohrhaken angebracht.
Oben angekommen
Oben angekommen, mussten wir uns wie zu erwarten war, den Gipfel mit zahlreichen anderen teilen. Platz hat es hier oben aber genug und jeder findet ein Plätzchen.
Nach einer kurzen Foto- und Snack-Pause, stiegen wir wieder ab. Aufgrund einer Seilschaft eines Bergführers, mussten wir an der Kletterstelle etwas warten. Wir hatten aber Zeit und mussten uns nicht beeilen.
Unterm Eis
Der Weg über den Gletscher war schnell zurück gelegt. Dieses mal liefen wir an unserem Anseilplatz von morgens vorbei und stiegen die ca. 35 Grad steile Gletscherzunge hinab. Auf dem aperen Gletscher war das für die Knie nicht gerade angenehm, aber gut machbar.
Nachdem wir unsere Hochtourenausrüstung wieder verpackt hatten, bewunderten wir noch die mächtigen Eismassen. Der Gletscher war an dieser Stelle teilweise unten hohl und man konnte darunter hocken. Schnell noch ein Foto gemacht - wirklich wohl war mir darunter nicht.
Baden - nein danke
An dem kleinen Gletschersee legten wir noch eine kurze Pause ein und genossen die Sonne.
Einer wollte sogar im See baden. Nachdem er aber bis zu den Knien im Wasser stand, überlegte er es sich doch anders. Das Wasser war auch wirklich arsch kalt. Klar, es kam auch direkt vom Gletscher.
Ein Loch aus Eis
Ein Foto machten wir noch vor dem beeindruckenden Gletschertor. An dieses kommt man auch problemlos von der Wiesbadener Hütte hin. Wer also keine Hochtourenausrüstung dabei hat und trotzdem mal dem Gletscher nahe sein will, der ist hier genau richtig.
Einige gingen auch ziemlich weit rein in das Loch. Mir war das nicht so geheuer, denn es rutschten immer mal wieder Geröllmassen von oben weg.
Schön war`s
Wieder auf der Wiesbadener Hütte angekommen, genoss ich noch eine heiße Schoki auf der Terasse.
Wir ließen den Abend bei gutem Essen und netten Gesprächen ausklingen, bevor es dann am nächsten Tag über das "Hohe Rad" zurück zum Silvretta Stausee ging, wo unser Auto parkte.
Fazit:
Die Wiesbadener Hütte ist echt top und mit dem Essen der Halbpension wird wirklich jeder satt. Die Hochtour auf den Piz Buin ist mit fünf Stunden (ohne Pause) sehr kurzweilig und trotzdem abwechslungsreich. Mich beeindruckte der Eisbruch und die unglaublich vielen offenen Spalten. Da die Tour technisch nicht schwierig ist und auch konditionell nicht fordert, hat man genügend Zeit zum genießen. Es muss einem jedoch klar sein, dass bei diesem "Modeberg" keine Einsamkeit herrscht.
Eine schöne Tourenbeschreibung inkl. Anfahrtsbeschreibung findet ihr auch im Bergzeit Magazin.
Ihr wollt die Tour nachlaufen? Hier findet ihr den GPX-Track dazu:
Hier geht`s zum Artikel:
Wandern im Silvretta - Aufstieg zur Wiesbadener Hütte und Besteigung des Hohen Rad
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Michelle (Montag, 26 November 2018 16:32)
Diese Beiträge sind super interessant und ich verfolge sie immer mit großem Interesse. Danke auch für die genialen u. einzigartigen Bilder. Auch bei FB.
lg
Myriam (Dienstag, 01 Januar 2019 20:18)
Liebe Michelle,
vielen lieben Dank. Freut mich wirklich sehr, dass dir meine Beiträge und Fotos gefallen. So ein tolles Feedback hört man gerne :-)
Liebe Grüße
Myriam