Die wahren Ziele
Zusammenfassend war es kalt, nass und wenig aussichtsreich. Noch dazu war die Tour von wenig Erfolg gekrönt - wir hatten keinen Gipfel erreicht.
Ist immer nur das Erreichen eines Gipfel das Ziel einer jeden Bergtour? Oder ist das Ziel nicht einfach nur etwas tolles in der Natur zu erleben, den Kopf frei zu bekommen von den Alltagssorgen und in netter Gesellschaft mit liebenswerten Menschen zu sein?
Wenn das das Ziel ist, dann hatten wir es an diesem Wochenende zu 100% erreicht.
Hohe Tauern - wir kommen
Was ich an Hochtouren immer hasse, ist das extrem frühe Aufstehen am Anreisetag – so auch dieses Mal. Die lange Fahrzeit ins Glocknergebiet in den Hohe Tauern rechtfertigte diese unmenschliche Uhrzeit natürlich voll und ganz.
Unzählige Kurven, verdrückte Knochen und Stunden später, kamen wir an der Kaiser Franz-Josefs-Höhe, direkt gegenüber dem mächtigen Großglockner, an. Hier wurde ein riesiges Besucherzentrum errichtet, um den Großglockner mit allen Sinnen erfassen zu können (auch wenn man kein Bergsteiger ist). Pluspunkt für uns: hier kann man kostenlos parken, auch über mehrere Tage.
Traurige Gletscherrückgänge
Alle waren wir gespannt, den höchsten Berg Österreichs zu sehen. Doch daraus wurde leider nichts, der Berg lag hinter einer dichten Nebelwand verborgen.
Die Ausläufer der Gletscher waren erkennbar und versetzten die älteren Teilnehmer in Aufregung. Sie kannten die Gletschermassen noch von vor einigen Jahren und waren sichtlich erschrocken, über deren krassen Rückgang.
Im Inneren des Berges
Wir machten uns auf Richtung Oberwalderhütte. Das erste Stück des Weges ging durch die
6 Tunnel des Gamsgrubenweges. Bereits im Jahre 1936 wurde dieser 2,3 Kilometer lange Weg durch den Berg angelegt. Eigentlich sollte damals die Glockner Hochalpenstraße verlängert werden. Nach zahlreichen Protestaktionen von Umweltschützern und dem Alpenverein, konnte dieses Projekt verhindert werden. Die Genehmigung wurde lediglich für einen "Gehweg" erteilt.
Heute befinden sich auf dieser Tunnelstrecke Licht-, Ton- und Rauminstallationen und erzählen von der Entstehung des größten Gletschers der Ostalpen, der Pasterze. Der Weg ist selbst mit Kinderwagen gut zu laufen. Näheres dazu findet ihr auf der Seite der Kaiser Franz-Josefs-Höhe.
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung
Für die Installationen im Tunnel hatten wir wenig Muse, wir wollten einfach schnell ankommen. Das Wetter ließ nichts Gutes verheißen. Bereits in den Tunneln tropfte es ordentlich von der Decke.
Es wurde heller und wir hatten das Ende der Tunnelanlage erreicht. Nach einem kurzen Panoramaweg wurde es felsiger, steiler, stürmischer und regnerischer. Über von den Gletschermassen glatt geschliffene Steine, gingen wir weiter bergauf. An zwei Stellen überquerten wir den Gletscher und aus jedem Mund hörte man Flüche über das Wetter. Vom traumhaften Postkartenpanorama war nichts zu sehen. Stattdessen wurde es trüber und vor allem kälter.
Ist mir kalt? Ja, mir ist verdammt kalt!!!
Wir erreichten die Kletterpassage unterhalb der Oberwalderhütte. Was nützen Stahlseile, wenn man seine Hände vor Kälte nicht mehr bewegen kann? Meine Lektion an diesem Tag: „Zieh die Handschuhe an, bevor deine Finger und Hände vor Kälte dermaßen angeschwollen sind und du nicht mehr in die Handschuhe kommst“.
Wir bissen die Zähne zusammen und kämpften uns das steile Stück bergauf. Selbst Franz war es kalt. Das muss was heißen, dachte ich mir. Der brauch den ganzen Tag nichts zu essen, nichts zu trinken, klagt nie, schwitzt nie und friert nie. Bis auf heute. Bei dem Gedanken taten meine Finger gleich noch mehr weh. Aber es half alles nichts.
Geschafft - die Oberwalderhütte ist erreicht
Pitschnass und steif gefroren kamen wir an der Hütte an. Ich sicherte mir das Plätzchen vor dem Ofen – wirklich warm wurde mir an diesem Tag aber nicht mehr. Der Aufenthaltsraum war überfüllt mit allerlei triefend nassen Klamotten. Hoffentlich wird das bis morgen alles wieder trocken. Ich hab keine Lust morgen in die nassen Sachen zu steigen.
Das Hochalpinzentrum Oberwalderhütte bietet übrigens zahlreiche Möglichkeiten, um im Fels und Eis zu üben sowie Touren zu unternehmen. Hier findet ihr das Guidebook der Hütte.
Mittlerer Bärenkopf, wo bist du?
Für den nächsten Tag gab es mehrere Möglichkeiten – Johannisberg, Hohe Dock, Bärenköpfe, Romariswandkopf, oder einfach im Bett liegen bleiben. Letzteres traf zu. Nachdem Thomas unser Guide das Wetter sichtete und dieses eher schlechter statt besser wurde, wärmten wir weiter unsere Matratzen.
Später starteten wir dann den Versuch, den Mittleren Bärenkopf zu erklimmen. Bis auf den Grat schafften wir es auch. Mit einer Sicht von weniger als 2 Metern, einem vereisten Grat und starkem Wind, war das nicht jedermanns Sache. Kurz vor dem Gipfel brachen wir die Tour ab. Gesehen hätten wir eh nichts.
Übung macht den Meister
Den Nachmittag nutzten wir mit praktischer Spaltenbergung auf dem Schneefeld vor der Hütte. Das kann nie schaden und zu viel kann man das auch nicht üben.
Übrigens, wenn ihr meinen Artikel über den Eiskurs noch nicht gelesen habt, könnt ihr das hier tun. Jeder der eine Hochtour macht, sollte gewisse Grundkenntnisse besitzen und diese kann man auf solchen Kursen erlernen.
Sun is shining
Am nächsten Tag stiegen wir dann leider ohne Gipfel wieder ab. Aber bekanntlich ist ja der Weg das Ziel und das gemeinsame Erlebnis draußen in der Natur.
Wie hat ein Teilnehmer so schön gesagt: „Auch wenn es jetzt kacke war, hab ich trotzdem den Kopf frei gekriegt, also war es top“.
Vielen Dank an Brigitte, Micha, Tim, Karl-Heinz, Martin, Franz und natürlich Thomas für die kopffreien drei Tage. Mit Eurer lustigen, sarkastischen, fürsorglichen, tollpatschigen und liebenswerten Art, habt ihr es für mich zu einer wahren Sonnenscheintour werden lassen.
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