Die perfekte Hochtour auf's Nadelhorn

Definitiv eine meiner schönsten Touren

Aufstieg zum Nadelhorn. Im Bild zu sehen, das Ulrichshorn.
Aufstieg zum Nadelhorn. Im Bild zu sehen, das Ulrichshorn.

Was soll ich zu dieser Tour Einleitendes schreiben? Spontan fallen mir drei Wörter ein:

 

Genuss

atemberaubend

gute Mischung

 

Ok, das waren jetzt eigentlich vier Wörter ;-). Sie beschreiben die Tour aber super. Schon allein der Hüttenzustieg auf die Mischabelhütte im Wallis ist total abwechslungsreich. Überwiegend in leichter Kletterei geht es steil nach oben. Wohlfühlfaktor herrscht dann auf der Hütte - neben einer fantastischen Aussicht auf Saas-Fee, Rimpfischhorn, Allalinhorn und wie sie nicht alle heißen, wird die Hütte liebevoll geführt und man fühlt sich einfach nur wohl. Die Hochtour auf das Nadelhorn bietet ebenfalls alles, was eine Tour braucht. Genüssliche Passagen, ausgesetzte Stellen, Kletterei und natürlich ein fantastisches Bergpanorama.

Ein Ort zum Träumen und Geld ausgeben ;-)

Total malerisch gelegen der Ort Saas-Fee, oder?
Total malerisch gelegen der Ort Saas-Fee, oder?

Mit Fahrgemeinschaften ging es um 4 Uhr morgens nach Saas-Fee, einem klassischen Bergsteigerdorf im Wallis in der Schweiz – stark touristisch geprägt, teuer, aber mit einer fantastischen Aussicht auf die Berg- und Gletscherwelt. Eingerahmt von der Mischabelbergkette, die insgesamt 11 Viertausender umfasst, ist das Panorama hier wirklich phänomenal, selbst vom Tal aus.

 

Auf dem Parkdeck packten wir unsere Rucksäcke und machten uns auf Richtung Bergbahn. Für einen Samstag Mitte August, war erstaunlich wenig los. Selbst in der Seilbahnstation mussten wir nicht anstehen und konnten gleich in die Gondel hüpfen. Natürlich hätte man das erste Stück auch zu Fuß gehen können (ca. 1 Stunde). Nach der doch immer anstrengenden Autofahrt, wollten wir aber es gemütlich angehen lassen.

 

Hinauf in die Berge

Hier ist wirklich allerhand geboten. Dinge die man brauch, oder auch nicht.
Hier ist wirklich allerhand geboten. Dinge die man brauch, oder auch nicht.

Ober auf der Bergstation Hannig angekommen, ist man den Bergen zwar schon ein ganzes Stück näher, so richtig bergverbunden fühlt man sich allerdings noch nicht.

 

Restaurant, Spielplatz, Panoramarundweg – für die nicht bergsteigende Bevölkerung ganz nett, für mich allerdings weniger. Unser Weg für die nächsten 3 Stunden war große angeschrieben – Mischabelhütte wir kommen. 

 

Gemütlicher Start

Auf einem angenehm zu laufenden Weg, verlief das erste Stück.
Auf einem angenehm zu laufenden Weg, verlief das erste Stück.

Zum Einlaufen ging es auf einem kleinen Bergpfad durch Wiesen bergab. Noch hörte man unsere sechs-köpfige Gruppe tratschen und plappern. So lange hatte man sich teilweise nicht mehr gesehen und es gab einfach viel zu erzählen.

 

Über Brücken ging es über zwei Gletscherbäche, die schon vermuten ließen, welche Eismassen über uns noch im Verborgenen lagen. 

 

Aussicht mit WOW-Effekt

Auf der ganzen Tour hat man ständig diesen wahnsinns schönen Blick auf die Gletscher.
Auf der ganzen Tour hat man ständig diesen wahnsinns schönen Blick auf die Gletscher.

Der Weg wurde felsiger, steiler und die Gespräche weniger. Ich bin ja leider nicht der Typ, der beim bergauf laufen noch ständig quasseln kann. Ihr? Aber man kann auch im Stillen genießen und das tat ich auch in vollen Zügen.

 

Die Aussicht und der Weg waren fantastisch – ausgesetzt ging es in Serpentinen nach oben und unter uns wurde Saas-Fee immer kleiner. Das beeindruckende Rimpfischhorn ragt mit seinen schwarzen Felszacken aus dem weißen Gletscher empor – das wäre sicherlich auch mal ein tolles Ziel, dachte ich mir. Ganz in der Nähe war ich vor ein paar Jahren schon einmal, auf dem Flucht- und Strahlhorn. Tolle Gegend und wunderschöne Tour, die sich allerdings etwas gezogen hatte und mit einem kleinen Hitzestich verbunden war (hier geht's zum Bericht).

 

Kletternd geht's nach oben

Auf griffigem Fels ging es kletternd immer weiter bergauf.
Auf griffigem Fels ging es kletternd immer weiter bergauf.

Jetzt musste ich aufhören in Erinnerungen zu schwelgen und mich auf den Weg konzentrieren. Von nun ab ging es kletternd voran. Zwar war der komplette Weg mit Stahlseilen und teilweise auch Tritten und einer Leiter abgesichert, Absturzgefahr bestand aber trotzdem zu jeder Zeit. Ab und an begegneten uns auch Personen mit Klettersteigsets. Ein offizieller Klettersteig ist es allerdings nicht, sondern ein schwarzer, alpiner Bergweg. Würde ich eine Schwierigkeit in der Klettersteigskala vergeben müssen, wäre dies B.

 

Ich liebe ja solche Wege, die ein bisschen herausfordern sind, aber trotzdem noch so einfach, dass man sich allzeit sicher und wohl fühlt. Genau so ein Weg war das. Wer also keine Gletschertouren macht, dem sei auch schon allein der Hüttenzustieg ans Herz zu legen.

 

Mischabelhütte wir kommen

So eine Aussicht hat man auch nicht alle Tage.
So eine Aussicht hat man auch nicht alle Tage.

Mit dem ganzen Gepäck auf dem Rücken, kamen wir ganz schön ins Schwitzen. Die Hütte kam ewig nicht in Sicht. Geht es euch auch so, dass der Weg ohne sichtbares Ziel gefühlt immer deutlich länger geht? Bei mir ist das so, liegt vermutlich an meiner Ungeduld ;-P.

 

Erst kurz vor dem Ende des knackigen, ca. 1.000 Höhenmeter Zustiegs, zeigte sich die Mischabelhütte. Wow, was für eine tolle Lage. Die Aussicht mussten wir erst mal auf der Sonnenterrasse mit einem kühlen Getränk ausgiebig genießen.

 

Eine Hütte zum Wohlfühlen

Dann machte ich mich auf, die erst kürzlich renovierte Hütte zu erkunden. Die Hütte wird von zwei jungen Mädels geführt, die von einem ebenfalls jungen Mann unterstützt werden. Als Deko standen auf jedem Tisch liebevoll zusammengestellte Bergszenen aus Playmobil – total süß. Auch die Lager waren super hergerichtet und obwohl die Hütte restlos ausgebucht war, schmissen die Drei den Laden mit Links. In zwei Gruppen wurde gegessen, da die Plätze sonst nicht ausreichten und trotzdem hatte man nicht das Gefühl absolut beengt zu sein. Wir genossen noch ein bisschen die Abendstimmung auf der Terrasse, bevor es dann recht kalt wurde. Also morgen definitiv Lange-Unterhose, ging mir im Kopf rum ;-).

 

Zeitig ging es dann schlafen, die Nacht war bald zu Ende.

 


Morgenstund hat Gold im Mund

Etwas früher als geplant, standen wir auf. Der Wecker einer anderen Gruppe in unserem Lager klingelte vor unserem und wir waren dadurch eh alle wach. Also was soll's, starten wir halt früher. In der frostigen Dunkelheit ging es gleich an der Terrasse der Hütte im Fels bergauf. Gute Entscheidung gewesen, mit der langen Unterhose ;-)

 

Mit uns machten sich zahlreiche andere Tourengeher auf den Weg. Vor uns und hinter uns leuchteten die Stirnlampen wie kleine Lichterschlangen, die sich in langsamem Tempo fortbewegten. Ich liebe diese ersten Minuten nach dem los laufen immer total - langsam legt sich meine Aufregung etwas, die Stille und frische Luft um mich herum tun so unglaublich gut, ich sehe nicht sehr viel um mich herum, bin nicht abgelenkt und nur bei mir. Am Anseilplatz ist diese Stimmung dass meist schlagartig für kurze Zeit verflogen. Es bricht etwas Hektik aus - jeder möchte schnell los kommen, andere Seilschaften stehen beengt neben einem, die Seile werden klar gemacht und dann geht's auch schon los.

 

Am Anseilplatz im Schein der Stirnlampen
Am Anseilplatz im Schein der Stirnlampen

Beseelt ging es über den Gletscher

Immer wieder bezaubernd die Stimmung am frühen Morgen
Immer wieder bezaubernd die Stimmung am frühen Morgen

„Myriam, bei wem möchtest du in der Seilschaft sein?“ fragte mich unser Tourenführer Thomas und ich freute mich, dass ich entscheiden durfte. Kurze Zeit später stand ich auf dem Hohbalmgletscher, eingebunden am Seil zwischen Franz und Rolf. Ich fühlte mich wohl und freute mich auf die Tour mit den beiden.

 

Unsere andere Seilschaft startete unmittelbar vor uns in Sichtweite. Über das ausgedehnte Gletscherbecken ging es flach hinüber. Die vorhandenen Längsspalten waren noch super gefroren und stellten kein Problem dar. Auf diesem flachen Stück konnte ich das Aufgehen der Sonne ausgiebig genießen. Die schwarze Siluette der Bergkette setzte sich vom farbenprächtigen Himmel ab. Einzelne rose Wolken zogen über uns am dunkeln Himmel vorbei. Da fühlt man sich einfach nur seelig und glücklich und die Zeit scheint irgendwie still zu stehen.

 

Mal wieder diese Zweifel

Kurz vor dem Windjoch bei eisigen Temperaturen
Kurz vor dem Windjoch bei eisigen Temperaturen

Wir setzten an hinauf zum Windjoch, einen Schritt nach dem anderen. Wir wollen uns ja nicht gleich bei der ersten Steigung verausgaben. Der Untergrund war teilweise ziemlich mit Blankeis überzogen. Nicht so toll beim späteren Abstieg, ging es mir durch den Kopf.

 

Zwischen Ulrichshorn und Nadelhorn liegt das Windjoch, an dem wir kurz einen Riegel zwischen die Zähne schoben und nach oben blickten. Krass, wie von hier aus der Weiterweg zum Gipfel aussieht. Irgendwie brutal steil am Grat entlang, der rechts und links ordentlich abfällt. Meine Zweifel plagten mich mal wieder. Immerhin ist das (leider) meine erste und letzte Hochtour in diesem Jahr – bin ich fit genug, körperlich und auch mental? Zeit zum Überlegen blieb keine, vielleicht auch besser so.

 

Macht ja auf einmal doch Spaß

Vom Windjoch geht es direkt in Sichtlinie hinauf zum Nadelhorn.
Vom Windjoch geht es direkt in Sichtlinie hinauf zum Nadelhorn.

Der Weg wechselte immer wieder zwischen der rechten und linken Gratseite ab - mal auf Firn, mal auf Fels. Einen falschen Tritt möchte man hier nicht setzen, so steil geht's hinab. Auf dem Firn wäre ein Halten vermutlich nicht mehr möglich gewesen. Zum Glück war der Weg relativ ausgetreten. Jetzt hieß es die Schritte sauber setzen, geradeaus schauen und sich nicht mit den Steigeisen verhaken.

 

Ich fand tatsächlich Gefallen an dem abwechslungsreichen Gelände. Immer wieder kletterten wir über Felszacken hinauf und hinunter, bis wir am Fuße des Nadelhorns standen. Mittlerweile standen wir ziemlich im Pulk anderer Bergsteiger, die alle das gleiche Ziel hatten.

 

Auf dem 4.327 Meter hohen Nadelhorn

Unsere beiden Seilschaften auf dem Gipfel des Nadelhorns
Unsere beiden Seilschaften auf dem Gipfel des Nadelhorns

Wir zogen die Steigeisen aus und reihten uns ein. Geduld und Rücksichtnahme war gefragt, zwei Dinge die eigentlich selbstverständlich sein sollten, für manche Menschen aber Fremdwörter sind. Zwischen einem Haufen Seilen und Leuten standen wir dann endlich auf dem Gipfel. Für ein schönes Gipfelfoto reichte die Zeit nicht, beziehungsweise wir wollten nicht alle anderen warten lassen. Also musste ein Schnappschuss reichen. Auf dem gleichen Weg ging es dann wieder zurück. Aber erst mal gönnten wir uns eine kleine Rast kurz unterhalb des Gipfels.

Noch schnell einen zweiten Gipfel mitnehmen

Der felsige Aufstieg auf's Nadelhorn. Im Hintergrund etwas unterhalb sieht man die Flanke hoch auf das Ulrichshorn.
Der felsige Aufstieg auf's Nadelhorn. Im Hintergrund etwas unterhalb sieht man die Flanke hoch auf das Ulrichshorn.

Der Felsgrat füllte sich langsam ordentlich mit anderen Bergsteigern. Das Nadelhorn ist ein beliebtes Tourenziel. Ein frühes los gehen oder eine Tour unter der Woche ist daher empfehlenswert. Wieder reihten wir uns ein, wir hatten es ja nicht eilig und das Wetter war einfach nur perfekt.

 

Am Windjoch angekommen, gingen einige von uns noch hinauf auf das 3.925 Meter hohe Ulrichshorn. Wir gingen seilfrei, wobei es mir einfach immer noch jedes Mal super unangenehm ist und ich mich nicht sicher fühle. Als dann kurz vor dem Gipfel noch eine halb verdeckte Spalte sichtbar wurde, grummelte mein Bauch ganz schön. 

Auf dem Ulrichshorn

Auf dem Gipfel des Ulrichshorn. Im Hintergrund sieht man wunderschön den Aufstiegsweg, direkt am Grat entlang, hinauf zum Nadelhorn.
Auf dem Gipfel des Ulrichshorn. Im Hintergrund sieht man wunderschön den Aufstiegsweg, direkt am Grat entlang, hinauf zum Nadelhorn.

Oben angekommen erwartete uns zwar kein Gipfelkreuz, dafür aber einen direkten Blick auf's Nadelhorn. Ich mag es ja immer total, wenn ich sehe wo ich her kam und was ich geschafft hatte. Der Weg sah ganz schön beeindruckend aus und ich war wirklich ein kleines bisschen stolz es geschafft zu haben und vor allem dass ich dabei so richtig Spaß hatte. Im Mai diesen Jahres hätte ich das noch nicht gedacht, als es mir zuhause regelrecht die Füße vom Boden wegzog und mein Rücken einfach nicht mehr so wollte wie ich. Nach einem stornierten Urlaub und ziemlich schmerzhaften Monaten, tat diese Hochtour einfach nur so unglaublich gut. 

 

Wir wollten noch hinunter zur Hütte schauen und entdeckten ein kleines Bänkchen hier oben. Ach war das schön eine Weile in der Sonne zu liegen, mit einem wahnsinnigen Panorama inklusive. Das würde man zuhause auf dem Sofa niemals bekommen ;-)

 

Rückweg auf die Mischabelhütte

Auf dem Hohbalmgletscher. Im Hintergrund erkennt man den Anseilplatz auf dem Fels.
Auf dem Hohbalmgletscher. Im Hintergrund erkennt man den Anseilplatz auf dem Fels.

Der weitere Abstieg ging dann recht fix. Am Windkogel sammelten wir den Rest unserer Gruppe ein und stiegen zum Hohbalmgletscher ab. Die Spalten waren jetzt im Tageslicht auch deutlich besser sichtbar, aber zum Glück unproblematisch.

 

Das letzte Stück Weg ging dann auf dem Fels zurück zur Hütte. Obwohl wir hier schon in der Dunkelheit hoch kamen, sah der Weg jetzt am Tag komplett anders aus. Bin ich da am Morgen wirklich hochgeklettert? Mhhh, scheinbar schon.

Zurück in die Zivilisation

Mystische Wolkenstimmung am Morgen
Mystische Wolkenstimmung am Morgen

In der Nacht hatte es aus Kübeln geregnet. Ich wachte sogar auf, weil der Regen so extrem prasselte. Da hatten wir ja wirklich Glück, dass gestern noch so tolles Wetter war und heute lediglich unser Abstieg zurück nach Saas-Fee anstand. Andere Gruppen wollten heute mit Bergführer zum Nadelhorn starten - die mussten dann leider abbrechen bzw. begannen die Tour gar nicht erst.

 

Naja, immerhin kamen heute unsere Regenklamotten zum Einsatz und wir schleppten sie nicht umsonst mit. Und überhaupt, schaut euch mal das Foto an. Ist das nicht traumhaft mit den Wolken, die sich durch die Berge schieben? Ich kam mal wieder aus dem Staunen nicht heraus und zückte wirklich oft meine Kamera bei diesem Abstieg.

 

Die GPX-Tracks zur Tour findet ihr hier:

Wie hat euch der Artikel gefallen?

Wäre das vielleicht auch eine Tour für euch?

 

Schreibt mir gerne in den Kommentaren.


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Kommentare: 2
  • #1

    Jan (Dienstag, 19 November 2019 20:38)

    Hi, ich bin über deinen FB-Post auf den Tourenbericht aufmerksam geworden, super Bericht und die Bilder sind Weltklasse :)!
    Lg Jan

  • #2

    Myriam (Mittwoch, 20 November 2019 19:01)

    Hi Jan,
    vielen lieben Dank. Hab gerade auch gesehen, dass ihr einen Wander-Blog habt. Super schön gemacht :-)
    Wünsche euch weiterhin viele tolle Touren und erlebnisreiche Momente.
    LG Myriam

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